Umbau und Zubau
WEISSENSEE / A
Ein junges Paar gibt das Großstadtleben auf, um den elterlichen Betrieb in Neusach am Weissensee zu übernehmen. Rasch wachsen die beiden in ihre neuen Rollen als Landwirte, Hotel- und Restaurantbetreiber und verstehen die Aufgabe als ganzheitliche Verantwortung: für eine nachhaltige touristische Entwicklung, für die Menschen vor Ort, für die Pflege von Identität und Baukultur. Sie erhalten den bäuerlichen Betrieb und errichten Schritt für Schritt zuerst für sich ein Wohnhaus als Ergänzung des Ensembles, sie bewahren und sanieren ein bestehendes Blockhaus, renovieren und erweitern dann das Erdgeschoß des 520 Jahre alten Haupthauses, um zuletzt dessen Obergeschoße für heutige Ansprüche zu aktualisieren und baulich neu zu ordnen.
Der sorgsam detaillierte gläserne Zubau ans Haupthaus ist Eingangsbereich, Restauranterweiterung und Wohnzimmer für die Gäste. Stahl und Glas verbinden sich innen stimmig und leger mit dem Lärchenholz von Böden, Wandpaneelen und Möbeln, mit dem schwarzen Naturstein von Rezeption und Theke, mit den weißen Wand- und Deckenflächen des Bestands. Die Stühle wurden eigens entworfen und vom Tischler gefertigt, auch die Teppiche und der Großteil der Zimmerausstattung sind keine Stangenware. Neues gesellt sich zu Altem. Je nach formaler und funktionaler Anforderung geschieht das mit Respektabstand oder in enger Überlagerung, immer aber mit Maß und Ziel. Es ist keine Architektur fürs Hochglanzmagazin, nichts für oberflächliche Betrachtung. Es ist Architektur, die von innen her wirkt – in einem konkret räumlichen Sinn, weil die ursprüngliche Außenerscheinung weitgehend erhalten blieb, im übertragenen Sinn, weil in der sehr persönlichen Gestaltungsweise jene Menschen und Geschichten spürbar werden, die diesen Betrieb prägen und beleben.
Die Angemessenheit der strukturellen Eingriffe und der dafür angewandten Mittel charakterisiert die Verwandlungen am Gralhof. Es ist ein Ort der ausgewogenen Verhältnisse: von Bewahren und Erneuern, von Tourismus und Landwirtschaft, von Bewohnen und Bewirten, von Naturraum und Bebauung. Diese richtige Balance zu finden ist eine seltene und hohe Kunst, sie zu halten der Auftrag für die Zukunft.
[Text: Jury Kärntner Landesbaupreis 2018]